Der Vater von DRACULA: Bram Stoker

Bram StokerAbraham "Bram" Stoker wurde am 8. November 1847 in Dublin geboren. Bis zum 8. Lebensjahr litt er an Kinderlähmung, dennoch wurde er später während seines Studiums der Geschichte, Mathematik und Philosophie am Dubliner Trinity College zum Fußballstar und gefeierten Athleten. Später wurde er Lehrer und verfasste nebenher Literatur- und Theaterkritiken für die Tageszeitung "Mail".

1876 ging Stoker nach England und wurde Sekretär und Manager von Sir Henry Irving, dem wohl bekanntesten Shakespeare-Darsteller der viktorianischen Epoche, mit dem er ab 1878 das Lyceum Theatre in London leitete. Bereits in jungen Jahren entwickelte Stoker literarische Ambitionen, debutierte aber erst 1882 mit der düster-romantischen Kurzgeschichtensammlung "Under the Sunset", die ihm zwar viel Lob einbrachte, sich allerdings nur leidlich verkaufte.

1889 erschien sein erster Roman "The Snake's Pass", dem weitere Erzählungen und Bücher folgten, u. a. "The Mystery of the Sea" (1902), "The Jewel of the Seven Stars" (1903), "The Lair of the White Worm" (1911) sowie die Irving-Biografie "Personal Reminiscences of Henry Irving" (1906). Sein bekanntestes Werk aber erschien 1897: Natürlich „Dracula“ – die berühmteste Vampirgestalt aller Zeiten.

Hierbei inspirierten Stoker hauptsächlich drei Einflüsse: das historische Vorbild Vlad Țepeș, Joseph Sheridan Le Fanus Erzählung „Carmilla“ von 1872 sowie der ungarische Reisende Arminius Vambéry, der ihm von den Vampirmythen der Balkanregion berichtete. Zwar wurde der Roman zum Bestseller, brachte Stoker aber nicht zu Reichtum. Dennoch machte genau dieses Werk ihn unsterblich. Er starb am 20. April 1912 in London, knapp 65-jährig.

Bram Stoker und Dracula

Bram (Abraham) Stoker (8.11.1847 – 20.4.1912), Theaterkritiker, -manager und -leiter, schuf 1897 mit seinem Roman Dracula den wohl berühmtesten Vampir aller Zeiten.

Stoker hörte 1890 von dem ungarischen Orientalisten Hermann (Arminius) Vambéry von dem Pfähler Vlad Țepeș. 1897 erschien sein Roman, in dem der Graf deutlich als Țepeș zu identifizieren ist. Wahrscheinlich porträtierte Stoker in Dracula auch seinen Chef Henry Irving – und van Helsing trägt Stokers eigenen Vornamen: Abraham.

Ursprünglich fand sich im Einleitungskapitel des Romans ein Besuch Jonathans auf dem Grab einer Gräfin aus „Carmilla“. Dieses Kapitel wurde später gestrichen, aber als „Draculas Gast“ veröffentlicht.

„Dracula“ wurde zum erfolgreichsten Vampirroman überhaupt und prägt unser Bild des Vampirs bis heute. Dennoch entspricht die Wirkung nicht der literarischen Qualität – eine oft anzutreffende Diskrepanz in Kunst und Popkultur.

In Stokers Werken trifft viktorianische Prüderie auf stark erotisierte, oft bedrohliche Frauenfiguren. Besonders die Vampirinnen verkörpern bei ihm ungezügelte Sexualität. Graf Dracula hingegen war ursprünglich eher abstoßend – erst Bela Lugosi und später Christopher Lee machten ihn zum erotischen Verführer.

Den Welterfolg seiner Romanfigur hat Stoker selbst nicht mehr erlebt. Bei seinem Tod 1912 war „Dracula“ noch längst kein Kultklassiker. Erst die späteren Verfilmungen machten den Grafen zum Inbegriff des Vampirs.

Drei von Stokers übrigen Vampirerzählungen – alle mit weiblichen Vampiren – liegen auf Deutsch im Sammelband „Im Schatten der Vampire“ vor, darunter „The Lair of the White Worm“, das Ken Russell als „Der Biß der Schlangenfrau“ verfilmte.

Bram Stoker Dracula-Graf Dracula (Vlad Țepeș)

Das Vorbild für Bram Stokers Dracula ist Vlad III. Țepeș („der Pfähler“, sprich: Tzepesch) Draculea (1431–1476/77). Der Fürst der Walachei war selbst für seine Zeit als grausam bekannt und erfüllte alle Vorbedingungen für eine Spontanumwandlung in einen Vampir: Er war extrem böse, und er hatte ein „nicht zu Ende gelebtes“ Leben.

Geboren wurde er wahrscheinlich 1431 in Sighișoara (Schäßburg) in Transsilvanien (Siebenbürgen) als zweiter Sohn des walachischen Bojaren Vlad Dracul, der seinen Beinamen gerade erst erhalten hatte: Er wurde beim Nürnberger Reichstag im Februar 1431 von König Sigismund II. in den Drachenorden aufgenommen.

In Schäßburg lebte Vlad Dracul im Exil; erst 1435 gelang es ihm, Alexander, den Woiwoden der Walachei, zu stürzen und als Vlad II. Dracul den Thron zu besteigen. Die Walachei war Spielball zwischen Türken und Ungarn; durch eine geschickte Schaukelpolitik konnte Vlad Dracul zwölf Jahre lang sich die Herrschaft und seinem Land die Unabhängigkeit bewahren.

1441 gab er seine zwei jüngeren Söhne als Geiseln an den Hof des türkischen Sultans; dort lernte der junge Vlad die Grausamkeit als Mittel der Politik kennen und lieben.

1447 wurden Vlad Dracul und sein ältester Sohn Mircea erschlagen. 1448 gelang es Vlad Draculea (Draculea = „Sohn des Drachen“) als Vlad III., mit türkischer Unterstützung den walachischen Thron zu erobern, doch wurde er nach wenigen Monaten wieder vertrieben.

Es folgten unruhige Jahre, bis Vlad 1456 mit ungarischer und siebenbürgischer Unterstützung erneut Herrscher wurde. In den sechs Jahren seiner Regentschaft erwarb er sich einen Ruf als extrem grausamer Fürst: Er ließ Gesandten die Hüte auf den Kopf nageln, Zigtausende pfählen (mit abgerundetem, eingefettetem Pfahl), trank das Blut seiner Opfer, tötete mindestens eine seiner Frauen und eine Mätresse, „beseitigte“ Armut durch Verbrennung der Armen und zwang Sinti und Roma zum Kriegsdienst, indem er ihnen die Wahl ließ, gegen die Türken zu kämpfen oder ihre Kinder zu verspeisen.

Erst 1998 wurde in St. Gallen eine Handschrift von 1460–1470 entdeckt, in der über erzwungenen Kannibalismus unter Țepeș berichtet wird: Drei Gefangene wurden gebraten, die übrigen mussten sie essen.

Sein Beiname „Dracul“ wurde abgeleitet vom lateinischen draco (Drache). Im Rumänischen bedeutet „drac“ jedoch „Teufel“!

1462 wurde Vlad durch eine Intrige gestürzt und fast 15 Jahre lang in Budapest und Visegrad eingekerkert. Er konvertierte zum Katholizismus, um eine Verwandte des ungarischen Königs heiraten zu können, und soll selbst dort Vögel und Mäuse gepfählt haben.

1476 wurde er erneut zum Woiwoden ernannt. Doch schon an Silvester 1476/77 wurde er in Târgoviște entweder im Kampf erschlagen oder ermordet – ohne Beichte und Sakramente. Sein Kopf wurde in Honig konserviert an den Sultan geschickt, sein Leichnam angeblich im Kloster Snagov bestattet. Das Grab war jedoch leer.

Die rumänische Geschichtsschreibung – besonders unter Ceaușescu – feierte Țepeș als großen Patrioten. Heute gibt es sehr unterschiedliche Bewertungen: vom Ruf nach einem „starken Herrscher“ bis zur Verdammung als Schande des Landes.

Für einen Vampir hielt man Țepeș übrigens nie: Erstens gab es den Vampirmythos damals noch gar nicht, und zweitens ist ein Vampir ohne Kopf schwer vorstellbar. Zum Vampir machte ihn erst Bram Stoker – und Coppola im Film, der mit der historischen Figur kaum etwas gemeinsam hat.

Bram Stoker’s Dracula (1992)

USA, 1992, 130 min. – Originaltitel: „Dracula“
Regie: Francis Ford Coppola
Drehbuch: James V. Hart nach dem Roman „Dracula“ von Bram Stoker
Kamera: Michael Ballhaus
Musik: Wojciech Kilar
Schnitt: Nicholas C. Smith, Glen Scantlebury, Anne Goursaud

Besetzung:
Gary Oldman – Dracula
Winona Ryder – Mina / Elisabeta
Anthony Hopkins – Van Helsing
Keanu Reeves – Jonathan Harker
Tom Waits – Renfield

Der gescheiterte Versuch, aus einem mittelmäßigen Buch mehr als einen mittelmäßigen Film zu machen. Die opulente Bilderflut, die symphonische Musik und teilweise hervorragende Darsteller können die inhaltlichen Schwächen nicht verdecken.

Der Plot hält sich zu wenig an seine eigenen Voraussetzungen – Fantasy darf alles, doch wenn sie gut sein will, muss sie in sich schlüssig sein. Vieles stimmt nicht: Bei der angeblichen Geschichte von Vlad Țepeș etwa – am Anfang – ist kaum etwas korrekt. So wurde Țepeș’ erste Frau vermutlich von ihm selbst getötet, und während seiner Gefangenschaft in Ungarn konvertierte er zum Katholizismus, um eine Verwandte des Königs heiraten zu können.

Das Gottesbild im Film ist widersprüchlich (am Anfang der rächende, blutige Gott, am Ende der Gott der Vergebung). Das Finale ist unlogisch: Dracula wird erlöst, bevor er tot ist; die Männer lassen Mina mit dem Monster ziehen, obwohl sie keineswegs ein gutes Ende erwarten können – und so weiter.

Dass Coppola und die Werbung den Film als „Bram Stoker’s Dracula“ verkaufen und behaupten, dem Original möglichst nahe zu kommen, ist ärgerlich. Zwar hält sich der Film bei den Figuren am ehesten an das Buch, doch sind ihre Charakterzeichnungen oft anachronistisch, die Liebesgeschichte völlig erfunden – was Coppola selbst zugibt.

Wie der Vampir bei Tag umherläuft, ist „Anti-Stoker“. Der Vampir ist in Mythos und Literatur nicht immer ein Nachtwesen – aber Stokers Vorstellung hat sich in unserem Kulturkreis durchgesetzt. Ärgerlich ist, dass Coppolas Darstellung trotzdem als „Stokers Dracula“ verkauft wird.

Coppola orientierte sich an den besten Dracula-Verfilmungen (Curtis, Badham) – genützt hat es nichts. Zwar ist der Film einer der besseren Dracula-Adaptionen, doch angesichts des Anspruchs und des enormen Aufwandes bleibt er eine Enttäuschung: ein Film der vertanen Chancen.

„Aufwendige Neuverfilmung eines Literatur- und Filmklassikers, die opernhaft die Topoi des Horror-, Abenteuer- und Splatter-Genres ausbeutet, aber letztlich zu keiner eigenen Handschrift findet.“
– Lexikon des Internationalen Films, München 1996

Fazit:

Transsilvanien ist mehr als Dracula und Vampire – es ist meine Heimat, voller Geschichte, Kultur und lebendiger Traditionen. Bram Stokers Graf Dracula mag eine fiktive Legende sein, doch wir Transsilvanier sind real – und ja, wir beißen höchstens in einen guten Apfel, nicht in Besucher! 🧛‍♂️